Kurzinformation Religion: Koptisch-Orthodoxe Kirche

Gründung

Die Kop­tisch-Ortho­doxe Kirche ist in Ägypten ent­standen. Sie führt sich auf den Heili­gen Evan­ge­lis­ten und Mär­tyr­er Markus zurück, der im 1. Jh. n. u. Z. in Ägypten gewirkt und die Kirche gegrün­det haben soll.

Geschichte

Über die früh­este Zeit der kop­tis­chen Gemeinde ist wenig bekan­nt. Jedoch ver­ste­hen sich die Kopt*innen als christliche Nachkom­men der Alten Ägypter. Der Begriff “Kopte”, die europäisierte Form des ara­bis­chen Wortes “qubti/qibti”, bedeutet nichts anderes als “Ägypter”.

Zeittafel (n. u. Z.)

284: Beginn der kop­tis­chen Zeitrech­nung (nach Gre­go­ri­an­is­chem Kalen­der), der “Ära der Mär­tyr­er”.
3. Jh.: Die monas­tis­che Bewe­gung in Ägypten entste­ht. Der heilige Anto­nius (251–356), “Vater der christlichen Mönche”, grün­det eine Eremitenkolonie in der Wüste.
313 – 328: Ari­an­is­ch­er Stre­it. Bei den ersten drei von den Kopten anerkan­nten öku­menis­chen Konzilen (Nicäa 325, Kon­stan­tinopel 381, Eph­esos 431) behaupten sich die Alexan­driner mit ihren the­ol­o­gis­chen Ansicht­en gegen Arius.
451: Beim 4. öku­menis­chen Konzil von Chal­cedon wird der Stre­it um die wahre Natur Christi gegen die Ägypter entsch­ieden (Ari­an­is­ch­er Stre­it). Die alexan­drinis­che und andere ori­en­tal­isch-ortho­doxe Kirchen hal­ten an der Lehre von den zwei Naturen in ein­er Natur Christi nach Kyril­los von Alexan­drien fest. Es kommt zum bis heute andauern­den Schis­ma.
4.–5.Jh.: Die Klöster als wirtschaftlich unab­hängige Zen­tren entwick­eln sich v. a. unter Schenûte (333/34–451/66) auch zu kul­turellen und lit­er­arischen Orten und Aus­bil­dungsstät­ten.
641: Die islamisch-ara­bis­che Herrschaft löst die oströmis­che (byzan­ti­nis­che) ab.
706: Die kop­tis­che Sprache (wichtig­ste Dialek­te: Sahidisch und Bohairisch) wird durch die ara­bis­che Sprache erset­zt.
8.–9. Jh.: Nieder­schla­gung von Kopte­nauf­stän­den.
Ab 9. Jh.: Chris­ten bilden in Ägypten nur noch eine Min­der­heit.
11. Jh.: Ver­legung des Patri­ar­chats nach Kairo.
1250: Mam­luken­herrschaft: Massenüber­tritte zum Islam.
Mitte 19. Jh.: Reform und Neubele­bung unter dem 1854–61 amtieren­den Papst Kyril­los IV., v. a. auf dem Gebi­et der Bil­dung.
20. Jh.: Große Erweck­ungs­be­we­gung unter Papst Kyril­los VI. (1959–71).
Seit 1954: Öku­menis­che Öff­nung der Kirchen, Mit­glied­schaft im Öku­menis­chen Rat der Kirchen.
1971: Inthro­nisierung des Pap­stes Shenou­da III., Patri­arch von Alexan­drien und 117. Nach­fol­ger auf dem Stuhl des Heili­gen Markus, der an die Errun­gen­schaften des 19. Jh. anknüpft und sie weit­er­führt.
2012: Nach dem Tod von Shenou­da III. wird Tawadros II. Nach­fol­ger und neuer Patri­arch des Stuhls des heili­gen Markus.

Geschichte in Deutschland

1975: Erste Gemein­de­grün­dung in Frank­furt am Main von Vater Sal­ib Sur­ial.
1980: Grün­dung des Kop­tisch-Ortho­dox­en Zen­trums mit dem Kloster St. Anto­nius in Wald­solms-Kröf­fel­bach als geistlichem Mit­telpunkt der Kop­tis­chen Kirche in der BRD und als europäis­chem Zen­trum.
1990: Ein­wei­hung der St. Anto­nius-Kirche.
1993: Über­nahme eines zweit­en Klosters in Brenkhausen, Höx­ter, unter der Leitung von Pater Dami­an el Anba Bishoy (seit 1995 Bischof).

Lehre

Durch die gesamte Geschichte hin­durch kam es immer wieder zu Christ*innenverfolgungen. Unter­drück­un­gen zu ertra­gen heißt deshalb für Kopt*innen, das Kreuz Christi zu tra­gen. Sie nen­nen sich aus diesem Grund auch “Kirche der Mär­tyr­er”.
Kopt*innen hal­ten im Gegen­satz zur Zwei-Naturen-Lehre Christi des Arius (ein Chris­tus in zwei Naturen, nur der Men­sch Jesus sei am Kreuz gestor­ben) an der Lehre des Kyril­los von Alexan­drien von den zwei Naturen Christi in ein­er Natur fest. “Er ist vol­lkom­men in Sein­er Got­theit; Er ist vol­lkom­men in Sein­er Men­schheit, aber seine Got­theit und Men­schheit wur­den miteinan­der ver­bun­den in ein­er Natur, die Natur des fleis­chge­wor­de­nen Wortes.” Nach diesem Dog­ma haben sich göt­tliche und men­schliche Natur in Chris­tus vere­inigt. Diese the­ol­o­gis­che Anschau­ung brachte den Kopt*innen den unberechtigten Vor­wurf des Mono­physitismus ein (den Glauben an die eine göt­tliche Natur Christi, ver­bun­den mit dem Nicht-Glauben an die volle Men­schw­er­dung Jesu Christi).

Wichtige Elemente der religiösen Praxis

Den Höhe- und Mit­telpunkt der christlichen Fröm­migkeit im Leben der Gemein­schaft bildet die Feier der Eucharistie (Danksagung/Abendmahl). In der kop­tisch-ortho­dox­en Spir­i­tu­al­ität wird die litur­gis­che Feier durch die Teil­nahme am heili­gen Sakra­ment der Eucharistie als Teil­habe am Leib und Blut Jesu Christi (ver­standen als Teil­habe an der wahrhaften Gegen­wart Christi) als Ort der Heili­gung erfahren.
Eine eucharis­tis­che Liturgie dauert 2–3 Stun­den, und sie ist geprägt durch Sym­bo­l­ik, Riten und ein­er hohen Anzahl an Wieder­hol­un­gen, Akkla­ma­tio­nen, laut­en und stillen Gebeten und Gesän­gen, die den Gläu­bi­gen eine direk­te und aktive Anteil­nahme am Geschehen mit allen Sin­nen ermöglichen.
Die Riten des eucharis­tis­chen Gottes­di­en­stes sind im Eucholo­gion (litur­gis­ches Buch) in den drei gebräuch­lich­sten Anaphoren (Beze­ich­nung der gesamten Eucharistiefeier oder des Kern­stücks, der Dar­bringung des Opfers) enthal­ten. Die heute am häu­fig­sten ver­wen­dete Liturgie ist die des Heili­gen Basil­ios neben der Gre­go­riosli­turgie und der Markus­li­turgie (Kyril­los-Anapho­ra). Das Kop­tis­che als Sprache der Liturgie wird im 20. Jh. durch die jew­eilige Lan­dessprache ergänzt. Auf­bau und Struk­tur der eucharis­tis­chen Liturgie richt­en sich sowohl nach beson­deren Vorschriften und Regeln bezüglich Ort, Tag, Zeit und Häu­figkeit der litur­gis­chen Feier als auch nach den zum Emp­fang der Eucharistie notwendi­gen Dis­po­si­tio­nen für die Gläu­bi­gen oder der Benutzung von Altar, Altarg­eräten und litur­gis­chen Gewän­dern.
Jed­er Eucharistiefeier geht die Liturgie der Stun­den (Stun­denge­bet) voraus – ver­schiedene, in ihrem Auf­bau dem kop­tis­chen Stun­den­buch Agpeya fol­gende Gebets­gottes­di­en­ste klöster­lichen Ursprungs zu den sieben kanon­is­chen Stun­den (Son­nenauf­gang, Vor­mit­tag, Mit­tag, Nach­mit­tag, Son­nenun­ter­gang, Schlafenge­hen, Mit­ter­nacht).
Die kop­tis­che Liturgie ist nicht allein Sache des Klerus, son­dern find­et als öffentlich­es Gebet unter Teil­nahme des gesamten Volkes – auch der Kinder – statt. Kinder wer­den von klein auf in das religiöse Leben inte­gri­ert, da sie unmit­tel­bar nach der Taufe das Sakra­ment der Fir­mung erhal­ten und somit als voll­w­er­tige Mit­glieder der Kirche an der Eucharistie teil­nehmen dür­fen. Zur aktiv­en Fröm­migkeit gehören auch der Ein­satz und die Hil­fe für Andere sowie das gesamte Fam­i­lien- und Sozialleben und die Gast­fre­und­schaft.

Verbreitung

Größte christliche Kirche im Nahen Osten mit 10–12 Mio. Gläu­bi­gen (20 % der ägyp­tis­chen Bevölkerung).
Europa: Rund 25.000 kop­tis­che Fam­i­lien in Wes­teu­ropa.
Deutsch­land: Etwa 3.500 Kopten (750 Fam­i­lien).
Wichtig­ste Ver­bre­itungs­ge­bi­ete:
Afri­ka, Naher Osten, Kana­da, USA, Aus­tralien, Europa.

Organisation

Inner­halb der Ostkirche gehört die Kop­tisch-Ortho­doxe Kirche zur Gemein­schaft der alto­ri­en­tal­isch-ortho­dox­en Kirchen, unter­schieden von den ortho­dox­en bzw. chalke­donisch-ortho­dox­en Kirchen.
Der “geistliche Stand” beste­ht aus drei Ämtern: Dem des Bischofs (Episko­pos: Hirte), der aus dem Mönch­tum stam­men soll, des Priesters (Pres­byter: Ältester) und des Diakons. Ober­haupt ist der alexan­drinis­che Bischof mit der Diözese Kairo. In der ägyp­tis­chen Haupt­stadt befind­et sich auch sein Amtssitz. Der voll­ständi­ge Titel des Bischofs lautet: “Papst und Patri­arch von Alexan­drien und ganz Ägypten, unser­er Gottesstadt Jerusalem, von Nubi­en, der Pen­tapo­lis und aller Län­der der Predigt des heili­gen Markus”. Derzeit zählt die Kop­tisch-Ortho­doxe Kirche neun Met­ro­po­l­iten, ca. 42 Diöze­sen (Bistümer / Metropolien) in Ägypten, ca. 85 Bis­chöfe, 2.000 Archipres­byter und Pres­byter, 1.000 Pfar­reien, vierzehn Män­ner- und sechs Frauen­klöster.

Europäische / deutsche Besonderheiten

Auf­grund begren­zter Ent­fal­tungsmöglichkeit­en in Ägypten kommt es in den let­zten Jahrzehn­ten zu ein­er ver­mehrten Emi­gra­tion der Kopt*innen und zur kop­tis­chen Gemein­de­bil­dung im Aus­land.
In Kröf­fel­bach (Gemeinde Wald­solms, ca. 60 km nördlich von Frank­furt am Main ent­fer­nt) ent­stand vor diesem Hin­ter­grund 1980 eine Gebets- und Begeg­nungsstätte. Das Kop­tisch-Ortho­doxe Zen­trum ste­ht derzeit unter der Leitung von Pater Michael, mit dem Novizen und Diakone im Zen­trum leben. Kern­stück der Gesam­tan­lage ist das St. Anto­nius-Kloster mit der 1990 eingewei­ht­en St. Anto­nius-Kirche. Neben einem Gäste­haus mit Agape­saal und ein­er Bib­lio­thek ste­ht auch ein Sem­i­nar­raum für Christ*innen aller Kon­fes­sio­nen aus ganz Europa für the­ol­o­gis­che oder kul­turelle Stu­di­en­ta­gun­gen und als Ort der Begeg­nung, Völk­erver­ständi­gung und Ökumene zur Ver­fü­gung.

Schriften

Madey, Johannes: Sem­i­nar­vorträge über die eucharis­tis­che Liturgie in der kop­tis­chen Kirche von 1985. Anzu­fordern über das Kop­tisch-Ortho­doxe Zen­trum.
St. Markus Zeitschrift, hg. vom Kop­tisch-Ortho­dox­en Zen­trum / St. Anto­nius-Kloster, Wald­solms-Kröf­fel­bach, vierteljährlich.

Kontaktadresse

Kop­tisch-Ortho­dox­es Patri­ar­chat /
Kop­tisch-Ortho­dox­es Zen­trum
St. Anto­nius-Kloster
Pater Michael
Haupt­str. 10
35647 Wald­solms-Kröf­fel­bach
Tel.: 0 60 85 / 23 17
kopten.de

Literatur

Felmy, K. C.: Die Ortho­doxe The­olo­gie der Gegen­wart. Eine Ein­führung. Darm­stadt 1990.
Ger­hards, A. / Brak­mann, H. (Hg.): Die kop­tis­che Kirche. Ein­führung in das ägyp­tis­che Chris­ten­tum. Stuttgart 1994.
Brun­ner-Traut, E.: Die Kopten. Leben und Lehre der frühen Chris­ten in Ägypten. Köln 1982.

Autorin: Daniela Both M. A. © REMID 2001

Kurz­in­for­ma­tion Reli­gion “Kop­tisch-Ortho­doxe Kirche” als PDF-Datei

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